Das Bild stammt aus dem Transportmuseum in Coventry. Wir fanden es witzig. Man beachte wer wo kalte Stellen hat. Meine Frau hat halt oft kalte Finger. Aber bleiben wir bei Coventry. Eigentlich keine Stadt die man unbedingt besuchen muss, allerdings gibt es ein paar Punkte die durchaus erwähnenswert wären.
Die Bilder sind vom Turm der Kathedrale fotografiert, die Kathedrale die von der deutschen Luftwaffe am 14. November 1940 wie das übrige Coventry fast komplett zerstört wurde. Die Zerstörung Coventrys war so verheerend, dass quasi kein Stein auf dem anderen blieb. Vor allem die Industriebetriebe rund um die Stadt waren Ziel dieses Angriffes. Im Transportmuseum erfährt man welche Firmen hier beheimatet waren. Firmen wie z.B. Rover, Morris und Jaguar. Aber auch uns völlig unbekannte Firmen wie Hillmann, die später von Peugeot übernommen worden sind. Man kann sagen, Coventry war sowas wie die Fahrzeugbau-Hauptstadt Englands. Die Deutschen waren auf die Zerstörung der Stadt derart stolz, dass ein Vogel wie Goebbels dafür ein eigenes Wort kreierte. Fortan wurde die Zerstörung einer Stadt aus der Luft "Coventrieren" genannt.
Einer der größten Errungenschaften des vereinigten Europas ist es wohl, wir können als Deutsche durch diese Stadt laufen und werden auch wenn wir als Deutsche erkannt werden nicht angepöbelt oder bespuckt. Nein im Gegenteil. Das jetzt, als ich diese Zeilen schreibe, in Thüringen ein Möchtegern-Führer über 23% holt lässt mich sprachlos zurück. Manche Menschen lernen nichts aus der Vergangenheit. Wer meint diese AFD und dieser Höcke, die sind doch gar nicht so schlimm - Doch sind sie. Beispiele gefällig: Link und Link
Die Stadt Coventry musste in ihrer Geschichte mit vielen Unwägbarkeiten kämpfen. Die Industriebetriebe wurden im 2. Weltkrieg zerbombt. Beim Wiederaufbau der Stadt wurde Bausünde für Bausünde getätigt. Kaum hatte sich die Stadt wieder über die Jahrzehnte langsam erholt, kam die Weltwirtschaftskrise der 80ziger Jahre und Industriebetrieb für Industriebetrieb schloss seine Pforten. Heute erholt sich Coventry wieder, neue Arbeitsplätze kommen in die Stadt und auch das Stadtbild wird von den Bausünden der 60ziger und 70ziger Jahre Stück für Stück befreit.
Unser Sohn zeigte uns seine Stadt in der er nun zunächst die nächsten 12 Monate leben wird, aber wer weiß. Vielleicht wird es auch eine längere Angelegenheit, man wird sehen. Zum Abschluss gibt es noch ein paar Bilder aus der neu erbauten Kathedrale, die gleich neben der Ruine der alten Kathedrale steht.
Am Abend haben wir noch das "Harvester" in Coventry ausprobiert und es hat sich als Tipp entpuppt. Wir wurden von einem Ober aus Wales bedient. Es war nicht viel los im Restaurant und er hatte Zeit mit uns zu quatschen, ihm schien langweilig gewesen zu sein. Am Anfang waren die Themen noch sehr allgemein. Es ging um Rugby und die gerade stattfindenden Weltmeisterschaften. Zuvor wollte er unbedingt noch erraten wo wir herkommen. Zunächst meinte er, zu Anfang dachte er wir würden aus Deutschland kommen. Nachdem er uns etwas beobachtete glaubte er aber daran nicht mehr, wir würden zu viel miteinander lachen. Das machen die Deutschen nicht. Es geht doch nichts über ein ordentliches Vorurteil. Er schätzte wir würden entweder aus Australien oder Schweden kommen. Naja trotz gelegentlichem Lachanfalls kommen wir nun mal aus Deutschland, tut uns leid. Darauf fragte er uns was denn mit unserem Team los wäre, wir wären gar nicht bei der Weltmeisterschaft dabei. Tja, Rugby ist nun nicht der Sport Nr. 1 in Germany. Das konnte er überhaupt nicht verstehen. Rugby wäre sein Leben.
Als das Essen etwas weiter vorangeschritten war, wurden seine Themen spezieller. Er fragte uns nach dem Brexit und was wir davon halten würden. Ich sagte ihm meine Meinung dazu und das ich es für eine Schnapsidee halten würde. Wenn jedes Land nur noch wir, wir, wir schreit wird es bald wieder jemand geben der einen Grund findet warum der andere ihm nicht passt und der Weg zu einem erneuten Krieg wäre dann nicht mehr weit. Statt miteinander zu reden und gemeinsam in die Zukunft zu gehen, geht jeder für sich. Gerade Coventry hat erlebt was es heißt, wenn ein Land meint besser als alle anderen Länder zu sein. Er gab mir Recht. Bei der Abstimmung hatte er für "Remain" gestimmt. Seine Frau kommt aus Irland, er ist aus Wales und seine Kinder stehen dazwischen. Für die Zukunft seiner Kinder würde er sich keinen Brexit wünschen. Allerdings wenn er jetzt nochmal gefragt werden würde, würde er für "Leave" stimmen. Seine Begründung, es war eine demokratische Abstimmung und die ist nun einmal ausgegangen wie sie ausgegangen ist. Da kann man nichts machen. Solange zu wählen bis einem das Ergebnis passt, dass würde ihm nicht passen.
Ich hätte ihm jetzt Contra geben können und sagen die Abstimmung damals war unter falschen Voraussetzungen und unter dem Eindruck von Lug und Betrug zustande gekommen. Jetzt weiß man mittlerweile doch um einiges besser was "Leave" bedeutet. Jetzt wäre eine erneute Abstimmung um einiges ehrlicher. Wenn jetzt wieder ein Brexit dabei herauskommen würde, dann wäre es halt so. Demokratie kann auch weh tun. Aber ich ließ es. Wir hatten eh schon zu viel politisches diskutiert.
Er war wirklich sehr nett. Leider habe ich mir seinen Namen nicht gemerkt. Wir hatten nicht nur ein sehr gutes Essen, sondern nebenbei auch noch nette Unterhaltung. Wir können das "Harvester" in Coventry also nur wärmstens empfehlen. Natürlich gibt es einen Link von mir dazu: Link
Damit ging der Tag auch schon zu Ende. Unsere vorletzte Nacht in England brach an und unsere letzte Nacht mit unserem Sohn für längere Zeit. Entschuldigt etwas Wehmut darf schon sein.