Wer hat das Musical "The Book of Mormon" gesehen oder zumindest etwas davon gehört? Die Musik des Musicals ist sensationell gut, die Texte intelligent und lustig. Die Mormonen werden dabei jedoch ziemlich aufs Korn genommen und ihr Glauben und die Geschichte hinterfragt. Allerdings nicht auf eine böse Art und Weise. Am Ende steht die Moral der Geschichte, egal an welchen Gott man glaubt oder welche Religion man verehrt, wichtig ist nur ein guter Mensch zu sein. Was dabei gut bedeutet, muss jeder für sich selber entscheiden. Ich bin mir sicher, jeder hat eine Vorstellung davon was das bedeutet könnte.
Einen Tag so anzufangen ist natürlich ziemlich harter Tobak. Ich würde ja gerne allen denjenigen die das Musical gar nicht kennen, hier einen kleinen Ausschnitt zeigen. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob das rechtlich möglich ist. Wobei......ach egal, zumindest das Lied "I believe" müsst ihr euch mal anhören.
Der Text des Liedes beleuchtet schon so ein wenig, um was es bei dem mormonischen Glauben geht. Tiefer will ich gar nicht einsteigen. Nur soviel, wir hatten dieses Musical im Kopf und im Ohr als wir heute Morgen den Tempel Square in Salt Lake City betraten.
Kaum waren wir im Tempelbezirk wurden wir auch schon von zwei Mädchen angesprochen, ob sie uns helfen könnten und wir uns auf jeden Fall bei ihnen melden sollten, falls wir Fragen hätten. Nach dem Betreten des Visitor Centers wurden wir von weiteren drei Mädchen empfangen, die ebenfalls nach unserem Wohlbefinden fragten und uns alle Antworten liefern wollten die wir so benötigten. Wir wollten uns aber eigentlich nur ein wenig umschauen.
Ziemlich lebensecht wird dabei die Geschichte des mormonischen Glaubens erzählt. An den Wänden hängen Bilder die teilweise so naturgetreu gemalt wurden, man muss zweimal hinschauen um zu bemerken es handelt sich um keine Fotografie. Über allem schwebt Jesus Christus im oberen Stockwerk des Visitor Centers. Das Bild habt ihr gleich zu Anfang des heutigen Tages gesehen.
Gründer der Religion der Kirche Jesus Christi der heiligen der letzten Tage ist Joseph Smith.
Im Internet lässt sich so einiges finden über ihn und seine Geschichte die zur Gründung einer neuen Religion führte. Ich möchte mich an dieser Stelle aber ausklinken. Erstens möchte ich niemanden zu nahe treten, wenn ich gewisse Dinge dann doch bezweifle. Jeder kann und darf ja glauben was er will. Und zweitens habe ich mich nicht so tief mit der Materie befasst als das ich tiefgreifende Diskussionen darüber führen könnte. Also lass ich es am besten sein.
Vor einigen Jahren habe ich folgenden Aufkleber auf einem Auto in den USA fotografiert. Dieser sagt meiner Meinung nach alles aus, was es über Religion zu sagen gibt.
Frei übersetzt: "Wenn die Religion das sagen in der Welt hatte, waren es dunkle Zeiten"
Dem würde ich mich einfach mal anschließen. Obwohl die Mormonen ja keinem weh tun. Im Gegenteil, sie sind freundlich und hilfsbereit. Als wir den Visitor Center wieder verlassen wollten, hielt uns nochmals ein Mädchen auf und verwickelte uns in ein Gespräch. Sie war aus Deutschland, aus der Nähe von Frankfurt und seit 7 Monaten in Salt Lake City. Offensichtlich wurde sie von den anderen gerufen, als bekannt wurde es sind Deutsche im Haus. Wir unterhielten uns kurz mit ihr, stellten tatsächlich ein paar Fragen und verabschiedeten uns dann wieder. Wir wollten ja gute Gäste sein.
Was uns etwas irritierte war es ihr Satz: "Wir dürfen einmal die Woche mit unserer Familie skypen". Wie einmal die Woche? Und dürfen? Zweimal wäre also demnach nicht erlaubt? Sind hinter der Fassade aus Freundlichkeit und Lächeln vielleicht doch strengere Regeln am Werk, die am Ende vielleicht doch nicht so glücklich machen. Fragen über Fragen, aber wie gesagt keine Diskussion darüber. Ich kenn mich ja nicht aus. Es gibt bestimmt einen guten Grund für diese Regel, mir fällt nur gerade keiner ein.
Wir besuchten noch die anderen Gebäude des Tempel Square, wie z.B. das Tabernakel in dem der berühmte Tabernakel Chor seine Auftritte hat.
Wir besuchten auch noch einen zweiten Visitor Center der sich etwas genauer mit dem Salt Lake Tempel befasst. Diesen Tempel darf man als Nicht-Mormone nicht betreten. Auch in diesem Visitor Center wurden wir wieder sehr freundlich empfangen und Hilfe bei Fragen angeboten. Sister Mueller war zwar aus Virginia, jedoch in Stuttgart geboren und sprach sogar ganz passables deutsch. Hatte sich mittlerweile auf dem ganzen Square herumgesprochen, es waren Deutsche da?
Wir knipselten noch ein paar Fotos und verließen dann den heiligen Ort des mormonischen Glaubens wieder. Bekehrt wurden wir definitiv nicht, obwohl noch ein paar weitere Stunden mehr im Visitor Center und du beginnst darüber nachzudenken ob vielleicht nicht doch etwas an den Geschichten dran sein könnte. Reelle Begegnungen werden mit Fiktion gemischt. Wer will schon am Ende genau sagen können, was ist Wahrheit und was ist Glaube.
Weil wir schon mal in Salt Lake City waren, wollten wir jetzt auch noch den Platz aufsuchen an dem Brigham Young, Nachfolger des 1844 verstorbenen Joseph Smiths, den berühmten Satz sprach: "This is the place", also "Das ist der Platz". Diese Wort sprach er beim ersten Anblick des Tales in welchem sich heute die Stadt Salt Lake City befindet. Natürlich hat man diesen Platz zu einen Park gemacht und diverse pompöse Denkmäler gesetzt.
Auf dem Weg vom Tempel Square zum "This is the place"-Memorial besuchten wir noch das Utah State Capitol.
Beeindruckender Bau und vor allem kann man einfach so hinein gehen und sich das Gebäude von innen anschauen. Keine Security und kein Ticketverkäufer versucht dich daran zu hindern. Somit konnten wir auch diese Fotos schießen.
Ein Parlament vom Volk gewählt für das Volk und das Volk wird nicht ausgesperrt, sondern kann sein Capitol einfach so besuchen. Hat mir sehr gut gefallen, gebe ich offen zu.
Da das Wetter auch am Nachmittag nicht besser wurde, machten wir das was man an einem regnerischen Tag so macht. Wir gingen shoppen. Dafür fuhren wir rüber nach Park City und kauften im dortigen Outlet ein paar Dinge ein, die wir sowieso gebraucht hätten wie z.B. Jeans Hosen. Wir kauften auch ein paar Dinge ein, die wir nicht unbedingt gebraucht hätten, aber aufgrund des Preises über den Ladentisch gingen. Ab und zu kann man sich auch mal etwas gönnen.
Ein letzter Abstecher zum Olympic Park noch...
und wir fuhren direkt zu unserem Motel nach Layton, nördlich von Salt Lake City. Morgen werden wir bei anhaltendem Regen neue Ideen entwickeln, für heute ist erst einmal Ruhe angesagt.
Kurz auflösen möchte ich noch den Tagestitel Soldalekacidi. Gemeint ist damit Salt Lake City. Wie gesagt, das Musical "Book of Mormon" geisterte heute den ganzen Tag durch unsere Köpfe. Wer einmal die Gelegenheit haben sollte dieses Musical in London oder New York zu besuchen, unbedingt machen. Demnächst kommt es auch nach Zürich und in die Niederlande. Ob es auch einmal in Deutschland gespielt wird, keine Ahnung. Ich würde aber auf jeden Fall rein gehen.
Noch ein kurzes Wort zum Glauben im Allgemeinen. Ich bin Katholik, nicht aktiv und militant aber immerhin und als solcher sollte man sich nicht anmaßen über andere Religion zu richten. Dafür haben die Katholiken viel zu viel auf dem Kerbholz. Aber vielleicht habe ich gerade deshalb meine Zweifel an Religionen im Ganzen. Wenn ich an der Interstate lese: "When you die, you will meet God" (Wenn du stirbst, wirst du Gott treffen), dann fasse ich das fast als Drohung auf. Auf der anderen Seite ist es natürlich tröstlich zu glauben, nach dem Tod gibt es ein weiteres Leben.
Was für ein philosophischer Tag heute. Irgendetwas hat der Besuch des Tempels heute doch mit mir gemacht.